Freitag, März 23, 2007

Desperate Houswifes in Seligenstadt

Eine ReHa ist wie eine Folge Desperate Housewifes, nur besser. Glaubt ihr vielleicht nicht, ist aber so. Neulich waren leider alle Kabinen für die Physiotherapie besetzt, sodass ich mit meinem Therapeuten in den Bodenturnraum ausweichen musste. Da stehen natürlich auch zwei Liegen zwischen Bodenmatten, Gummibällen und –bändern etc. herum. Und schwups, hatten wir Gesellschaft von einer Physiotherapeutin nebst Patientin. Es fing schon damit an, dass sie bemerkte, dass meine OP-Narbe ja wesentlich kleiner sei, als ihre. Okay, dass kann man ja auch durchaus mal feststellen, wobei ich nicht wusste, dass man sich mit diesem Thema lockere 10 Minuten beschäftigen kann. Ihre Therapeutin versuchte sie zu beruhigen, dass doch jede OP anders wäre und die Länge der Narbe ja gar nichts zu bedeuten hätte. Sie schaute nicht überzeugt, ließ es aber dabei bewenden. Allerdings nur für ungefähr 30 Sekunden. Da stellte sie nämlich fest, dass ich ja schon Sport mache, während sie nur zur Physio geht. Ich möchte an dieser Stelle anmerken, dass die Physiotherapie ja auch meiner Erholung dienen soll – diese ging an diesem Tag vollkommen verloren, dank des andauernden Gebrabbels auf der Nebenliege. Die prinzipiell gutaussehende, blonde Enddreißigerin im sportlichen Markenoutfit, geschminkt und wohlberingt – hier meine ich den Schmuck – die Figur war einwandfrei, störte mich in meiner Konzentration zur Erholung doch erheblich. Wie dem auch sei. Nachdem sie erfuhr, dass ich gerade vom zweistündigen Sportprogramm kam, fragte sie gleich, warum darf „sie“ denn schon Sport machen und ich nicht. Ich ließ meinen Kopf auf die linke Seite der Liege wandern, um sie im Blickfeld zu haben. Ihre Therapeutin bewegte gerade ihr rechtes Bein zur Körpermitte und wieder zurück, während sie auf dem Rücken liegend abwechselnd mich und ihre Therapeutin fixierte. „Ach wissen Sie“, versuchte die Therapeutin es erneut, „die Fortschritte der Patienten sind da sehr unterschiedlich. Wir wollen ja, dass es ihnen gut geht und das ihnen im Verlauf der Therapie auch nichts weh tut. Beim einen geht das halt schneller, beim anderen langsamer. Da findet jeder seinen Rhythmus.“

„Meine OP, war Mitte Dezember, wann war denn ihre“, fragte sie mich von der Seite.

„Ende Januar“, antwortete ich knapp, immer noch bemüht etwas Entspannung aus der Therapie zu ziehen.

„Oh,“ entwich es ihr und sie riss die Augen auf. „Und da machen sie jetzt schon Sport?“ Ihre Stimme hob sich um mindestens eine Oktave in meinem Gehirn machte es unmerklich „klick“ und ich antwortete:

„Wahrscheinlich bin ich einfach nicht so weinerlich wie sie.“ Uh. Als der Satz raus war wusste ich, das war eigentlich recht unhöflich, deswegen schob ich ein Grinsen hinterher. Entweder ignorierte sie es oder sie hatte es nicht verstanden. Wie auch immer, Gespräch erst mal unterbrochen.

Eine kurze Welle der Entspannung zog über meinen Rücken. Ah. Das hielt aber nicht lange an, den Madame erzählte ihrer Therapeutin von ihrem Ehemann, der sie wegen einer 19jährigen verlassen hat. Aha. Sie selbst ist 34. Und nun, man höre und staune, lässt sie sich darüber aus, dass die 19jährigen doch keinerlei Respekt mehr hätten und so frühreif wären. Hm. Naja. Sex mit 19 ist nicht wirklich frühreif, oder? Egal. Nun hör ich zu, ich kann nicht anders. Um ihre Ehe zu retten hat sie das Früchtchen dann mal angerufen, um ihr mitzuteilen, dass sie doch bitte ihren Ehemann in Ruhe lassen soll, sie würde eine Ehe zerstören und ja, sie solle doch auch an die Kinder denken. Herrje. Gute Frau, denk ich mir, dass wird die kaum interessiert haben. Richtig! Die Göre hat wohl geantwortet: „Wir werden ja sehen, für wen er sich entscheidet!“

Ohne Witz, dass das nichts bringt, hätte ich ihr auch vorher sagen können. Schlimmer ist nur, dass sie nun auch noch behauptet, ihr Mann kann da ja nichts dafür! Jawoll. Nur die kleine Zicke schuld. Ja sicher, man kann es sich ja auch schönreden. Von links ertönt nun die Frage: „Ja was soll ich da nur machen?“ Ich sollte nicht, aber ich kann nicht anders: „Eine Bratpfanne könnte helfen“, ächze ich etwas gequält, weil mein Therapeut gerade einen meiner Rückenmuskel malträtiert.

„Radfahren soll da helfen?“ kommt es etwas ungläubig aber nicht ohne Interesse zurück.

„Bratpfanne!“ rufe ich leicht entnervt zurück.

Sie schaut mich an, sie versteht es nicht – und fängt von neuem an, wieder etwas über die Unschuld ihres Mannes zu erzählen, über unerzogene, frühreife Mädchen und darüber, dass ja eigentlich die Frauen an allem Schuld sind und die Männer ja gar nichts dafür können. Oh my god, ist die doof! Schaut man sie an und hört man ihr zu, weiß man, woher das Klischee der doofen Blondine kommt.

Um noch einmal auf die Eingangs erwähnte Serie zurückzukommen – Desperate Houswife Charakter hätte das ganze natürlich erst angenommen, wäre es mein Ehemann gewesen. Ich hätte ihn mit der gusseisernen Bratpfanne einfach beim Abendessen erschlagen und bei Nacht Nebel verschwinden lassen. Dann wäre ich bei der kleinen Bitch vorbeigefahren, um sie von meiner Lebenserfahrung profitieren zu lassen, die da wäre, dass ein verheirateter Mann um die 40 kaum seine Frau und Kind verlässt, um ewig bei einer 19jährigen zu bleiben. Mitnichten. Allerspätestens in 5 Jahren, würde er sie wegen einer 17jährigen verlassen, weil sie dann leider zu alt geworden ist. Dies wiederum würde sie nicht glauben, mich als alte verbitterte Fettel verhöhnen. Doch spätestens nach einer Woche, würden ihr Bedenken kommen, denn er hätte sie ja nicht mehr gemeldet. Wie auch, denn er weilt schon lange nicht mehr unter uns. Dann könnte man noch einmal vorbeifahren, mitfühlend die Tränchen abtupfen und über die undankbare Männerwelt schimpfen. Und schon hätte man eine kleine, dankbare Göre als Freundin, die man bei nächster Gelegenheit auf irgendeinen Trottel ansetzen kann, weil einem seine Ehefrau gewaltig auf den Senkel geht, um deren Ehe aufzumischen. Wäre doch wie Desperate Housewifes, oder?

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