Schon seltsam, dass manchen Menschen eine gewisse Unverhältnismäßigkeit nie auffällt. Wenn man zum Beispiel heute morgen die Nachrichten verfolgt, fällt einem auf, dass die IG Metall zurzeit eine Erhöhung der Gehälter von 8 % fordert. Nun weiß man ja, dass die erste Forderung natürlich nie die Zahl ist auf die man sich am Ende einigt. Das Gegenangebot der Arbeitgeber sieht daher 2,1 % zzgl. einer Einmalzahlung vor. Ich gehe mal davon aus, dass wird es nicht werden.
Nun gibt es ja eine Menge Leute, die sich jetzt darüber aufregen, dass die Gewerkschaften so überzogene Forderungen stellen. Die gibt es immer. Mit ernstem Blick erklären diese einem gern, dass aufgrund der Finanzkrise natürlich die Nachfrage nach Produkten nachlässt, die Unternehmen weniger verdienen und überhaupt, man ja so etwas vorausschauend unternehmerisch betrachten müsse. Im übrigen ein absolutes Totschlagargument, da man dann nie eine Gehalterhöhung bekommen würde. Geht es dem Unternehmen gut, muss die Unternehmensleitung darauf achten, dass sie nichts für ihre Mitarbeiter ausgeben, da ja schlechte Zeiten kommen könnten; geht es dem Unternehmen nicht gut, gibt es ohnehin nichts zu verteilen. Soweit so gut. Irgendwer kluges hat dazu mal gesagt: Gewinne kapitalisieren, Verluste sozialisieren.
Ich für meinen Teil warte ja schon darauf, dass Herr Ackermann Stellen streicht, weil die Deutsche Bank ihren Gewinn ja fast halbiert hat! Nun ja, nicht ganz. Aber sie haben es geschafft, dieses Jahr "nur" einen Gewinn von 93 Millionen statt des Vorjahresgewinns von 1,449 Milliarden zu erreichen. Folgt man dem allgemeinen Argument der Arbeitgeber/Unternehmen, bedeutet dies, dass die Deutsche Bank in nächster Zeit Stellen streichen wird. Aber das ist ja ein ganz anderes Thema.
Und wenn man sich das alles so anhört und liest, kommt auf einmal der Bahnchef Mehdorn daher und erhält eine Gehaltserhöhung. Die zahlreichen Bonusvereinbarungen lassen wir jetzt mal außen vor, die irritieren ja nur. Und wie sieht so eine Gehaltserhöhung aus? 2,1 %? Vielleicht 3%? Oder greifen wir mal hoch: 5 %?
Nein. Das Gehalt des Herrn Mehdorn steigt von 750.000 im Jahr auf 900.000 EUR. Verglichen mit Herrn Ackermann sind das natürlich wirklich Peanuts, das entspricht ja eher seinem Monatsgehalt. Prozentual gesehen ist das allerdings eine Steigerung von 20 %. Na da möchte mal den Aufschrei hören, der durch die Republik geht, wenn eine Gewerkschaft mal 20 % Lohnerhöhung fordert. Wahrscheinlich ist das Argument, der Herr Mehdorn hat in den letzten Jahren keine Gehaltserhöhung bekommen. Ich gestehe, ich weiß es momentan nicht, da müsste ich mal recherchieren. Wenn aber Herr Mehdorn für seine - wollen wir doch mal hoffen - erfolgreiche Arbeit 20 % mehr Gehalt bekommt, dann sind das doch gute Aussichten für alle Bahner. Denn das müsste ja dann auch heißen, dass diese bei den nächsten Gehaltsverhandlungen auch 20 % mehr erhalten. Da sprechen wir natürlich eher von Gehältern in Höhe von 30.000 Euro, aber 20 Prozent sind 20 Prozent!
Glauben Sie nicht? Ich auch nicht. Und genau deswegen erscheint mir das alles etwas unverhältnismäßig. Aber ich glaube, die Diskussion darüber wird genau so schnell verpuffen, wie die Diskussion wer nun weshalb die Finanzkrise ausgelöst hat und wer letztendlich dafür bezahlt. Die Masse ist halt manchmal nicht nur dröge, sondern auch über alle Maßen vergesslich.
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