Montag, Oktober 17, 2005

Qualifikation ist eine Zier, doch besser lebt sich’s ohne ihr...

Sorry, ich war grad in Berlin und das kam mir so in den Kopf. Da ist natürlich nichts wahres dran, denn wir alle wissen ja, dass Fleiß und Wissen automatisch zum Erfolg führen. War schon in der Schule so, wird einem von den Eltern ungefähr zehn Jahre lang erzählt (manchen auch ein Leben lang, aber das ist ein anderes Thema) und zahlt sich auch im Beruf aus. Solide Berufsausbildung, hervorragend abgeschlossenes Studium und dann einfach über Maß viel arbeiten und das natürlich mit dem gebührenden Erfolg und der damit verbundenen Anerkennung. In zehn Jahren Abteilungsleiter, nach weiteren zehn gehobenes Management und nach oben keine Grenze.

Was hab ich gelacht! Träumt weiter!

Heute läuft das etwas anders, ansonsten könnten diese ganzen Mitte dreißiger wohl kaum im höheren Management rumwuseln. Ich nehme mal bewusst die Menschen aus, die sich mit 20 selbstständig gemacht haben und 15 Jahre später ein Unternehmen mit einigen Mitarbeitern leiten (Okay, okay und auch die handvoll 30 + Manager in höheren Chefetagen, die was können. Aber ihr seid in der Minderzahl!). Nichtsdestotrotz haben wir in vielen Unternehmen diese unwissenden arroganten Flitzpiepen sitzen. Wie kommt das? Was machen die anders als jeder normal sterbliche? Die Leute, die trauen sich einfach mehr zu als ihr! Oder bewerbt ihr euch auf einen Posten im höheren Management mit einer Anforderungsliste so lang wie eure Monatseinkaufliste? Nein, tut ihr nicht, weil ihr eben nicht an grenzenloser Selbstüberschätzung leidet. Schon mal eine Bilanz gelesen? Nein? Macht nix, dafür hat man dann einen Mitarbeiter, der einem das erklären kann. Marketing? Das sind die, die die Werbung schalten oder? PR? Keine Ahnung was die genau machen, aber Artikel kann man doch einkaufen oder? Vertrieb? Die sind wichtig, die verkaufen die Produkte. Glückwunsch! Wenn ihr das jetzt noch in etwas elegantere Worte verpackt, ein paar Anglizismen einbaut, ist das die halbe Miete. Und bitte, innerhalb des Studiums oder selbst der Berufsausbildung hat wohl jeder schon entsprechende Schlagworte aufgeschnappt, die man entsprechend verwenden kann. Sind zwar nur Worthülsen, macht aber nix, das funktioniert schon. Ein bisschen mehr Selbstvertrauen bitte! Das könnte sich dann zum Beispiel so anhören:

„Ich war in Firma wx für die Einführung des neuen Produktes yz zuständig. Der erfolgreiche Launch des Products basierte auf strukturiert durchgeführten Markforschungsstudien im Vorfeld des Launch aus denen wir eine entsprechende Marketing strategy festlegten. Natürlich wurden hier alle relevanten Komponenten des Marketing-Mix berücksichtigt . Durch den herausgearbeiteten USP des Products gelang uns innerhalb kürzester Zeit eine sehr erfolgreiche Einführung des Products beim Consumer. Besonderen Wert legten wir auf eine ausgefeilte POP Strategy die auch die Retailer überzeugte. Innerhalb weniger Monate konnten wir so das Product in den Top 10 listen. Der Absatz ist nach wie vor herausragend!“

Na wer sagt es denn – Glückwunsch dem Human Ressource Chef (ja, in direkter Übersetzung würde das „menschliche Quelle“ heißen. Ist das nicht ein schöner Begriff? Für diejenigen die es gern genau wissen wollen, wie man den gemeinen Angestellten eines Unternehmens bezeichnet http://www.wissen.de/ und Human Ressource eingeben) der erkennt, dass er hier einen Schwachmaten erster Güte vor sich hat, der lediglich wiederkäuend Worthülsen von sich gibt, die wahrscheinlich jeder BWL Student noch ausführlicher formulieren kann. Im übrigen empfehle ich eine Überprüfung des Erfolgs des genannten Produkts, sofern es sich nicht um Dinge des täglichen Bedarfs handelt, die man ohnehin schon seit 20 Jahren kennt.

Der geneigte Leser mag nun denken: „Das kann nicht sein, wenn nur total geltungsbedürftige Schnösel in den Firmen sitzen würden, würde doch das ganze System nicht funktionieren.“

Kann sein, allwissend bin ich auch nicht, aber ich persönlich erklär mir das im übrigen mit der Chaostheorie, das hilft.

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